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Futurismus in Florenz

Florenz war nicht nur der Publikationsort der Zeitschrift “L’Italia futurista”, sondern neben Mailand und Rom auch eines der wichtigsten Zentren des italienischen Futurismus. Die revolutionären Ideen des Futurismus fielen in Florenz auf fruchtbaren Boden, da das Klima bereits durch die jungen Intellektuellen, die im Umkreis von Zeitschriften wie „Leonardo“ oder „La Voce“ tätig waren, vorbereitet war. Sie alle sahen die Notwendigkeit einer Erneuerung und eines daraus resultierenden Bruchs mit alten Traditionen, die die „passatistische Museums-Stadt Florenz“ neu beleben würde. Ein Anliegen von Pro Firenze Futurista ist die Zusammenführung von historischen Ereignissen einerseits und die Vorstellung von aktuellen Projekten bzw. Archiven zum Futurismus  in Florenz andererseits.

Der erste „futuristische Kontakt“ erfolgte dank eines Bestrafungsfeldzugs der Mailänder Futuristen am 30.6.1911 nach Florenz:  Soffici, Autor eines kritischen Kommentars in „La Voce“ (3.11.1910), der seine Enttäuschung an einer Mailänder Ausstellung der  Futuristen zum Ausdruck bringt, sollte zur Rechenschaft gezogen werden. In Folge kam es sowohl in dem Lokal der Giubbe Rosse als auch später am von Giovanni Micheluzzi gestalteten Bahnhof zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung.

In Folge schlossen sich die jungen Florentiner  dem Futurismus an und Florenz wurde ein Schauplatz zahlreicher futuristischer Aktionen:

Im Dezember 1912 stellte Ginna seine beiden abstrakten Bilder „Nevrastenia“ (1908) und „Passeggiata Romantica“ (1909) in den Räumen der „Società di Belle Arti in Firenze“ in der Via della Colonna 4 aus.

Die Zeitschrift “Lacerba” wurde im Januar 1913 von Papini, Soffici e Palazzeschi gegründet. Im gleichen Jahr organisierte die Gruppe um “Lacerba”  die Ausstellung La mostra futurista di “Lacerba” in der Galleria Gonneli, die auch von dem sehr jungen Primo Conti besucht wurde. Am 12. Dezember findet im Teatro Verdi eine Serata Futurista statt.

1916 wurde “L’Italia futurista” gegründet und der berühmte, wenn auch leider scheinbar verlorengegangene, Film “Vita futurista” von der Gruppe um „L’Italia Futurista“ (Arnaldo Ginna, Bruno Corra, Lucio Venna, Emilio Settimelli, Remo Chiti, Nerino Nannetti) zusammen mit Marinetti in den Cascinen, den Ufern des Arno und im Caffè Michelangelo gedreht. Gleichzeitig erschien in “L’Italia futurista” auch das Manifest „La cinematografia futurista“. Einzelne Aufnahmen geben einen Einblick in den Film: das "futuristische Frühstück" im Restaurant La Loggia bei der Piazzale Michelangelo; der "Tanz der geometrischen Strahlen" sowie die "futuristische Schlägerei" im Park der Cascine. Eine Anteprima sowie Ausschnitte/Ideen des Films wurden im Teatro Niccoloni (teatro di prosa) am 28.1.1917 präsentiert.

Der Titel des Films taucht in “L’Italia futurista” in zahlreichen Anzeigen auf und es findet sich auch eine Filmbeschreibung. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums wurde der Film unter der Regie von Giovanni Maria Rossi in Kooperation mit der Accademia di Belle Arti di Firenze, Movie und Sound Firenze SRL und Simona Serafini nachgedreht, leider erfolgte bisher keine Veröffentlichung.

Zitierte Literatur:

Manghetti, Gloria (Hrsg.): Futurismo a Firenze. 1910-1920, Verona 1984.

Scaligero, Massimo/Giuseppe Sprovieri: Arnaldo Ginna. Un pioniere dell’astrattismo, Rom 1961.

Viviani, Alberto/Paolo Perrone Burali D’Arezzo: Giubbe Rosse. Il caffè della rivoluzione culturale nella Firenze 1913-1915, Mailand 2007.