Maria Ginanni (1891-1953)Angezogen vom Avantgardezirkel um Emilio Settimelli, Filippo Tommaso Marinetti und die Brüder Ginanni Corradini (Bruno Corra und Arnaldo Ginna) kam Maria Crisi gegen Mitte des 2. Jahrzehnts nach Florenz, wo sie u.a. die Zeitschrift „L‘Italia Futurista“ ab der Gründung im Jahre 1916 als Redakteurin und Autorin maßgeblich mitprägte: In nahezu jeder Ausgabe der Zeitschrift meldet sich Maria Ginanni, wie sie seit der Hochzeit mit Arnaldo Ginnani Corradini signierte, mit Lyrik und Prosa, sowie kritischen Stellungnahmen zu Wort. Bemerkenswert bleibt hierbei, dass sich die von den Kollegen hochgelobte Autorin (Marinetti: „Prima scrittrice d’Italia“, „Il più formidabile genio che abbia l’Italia”) nie ausdrücklich selbst als „futurista“ bezeichnet, sondern offenbar stets bestrebt bleibt, ihre künstlerische Unabhängigkeit zu bewahren. 1917 übernimmt Ginanni die Redaktion der im Rahmen von „L‘Italia Futurista“ herausgegebene Reihe „Libri di valore“, die mit der Veröffentlichung ihrer eigenen Prosaanthologie „Montagne trasparenti“ ihren Auftakt findet. Nach der Auflösung von „L‘Italia Futurista“ ist Ginanni 1918 an der Neugründung der Zeitschrift „Lo specchio dell’ora“ beteiligt, von der jedoch nur zwei Ausgaben erscheinen. Zudem führt sie ihre redaktionelle Tätigkeit bei Facchi in Milano weiter, wo 1919 ihr zweiter Gedichtband „Il poema dello Spazio“ erscheint. Wie viele ihrer Zeitgenossen sah auch Maria Crisi naturwissenschaftliche Erkenntnis und spirituelle Grenzerfahrung weniger als sich ausschließende, sondern vielmehr als sich ergänzende Faktoren. So begann sie zunächst ein Mathematikstudium in Rom, frequentierte aber gleichzeitig die spiritistischen Zirkel um Annie Besant und die Società teosofica romana. Maria Ginannis lyrische Prosa hat die synästhetisch-sprachliche Transzendierung moderner Erfahrungswelten zum Thema (man betrachte allein die Titel: „Luci trasversali“, „Trasparenze“, „Novelle colorate“). Die Verinnerlichung und Subjektivierung minutiöser Beobachtungen mündet in Grenzerfahrungen, die letztlich als Mittel der Selbsterkenntnis begriffen werden können. In den zwanziger Jahren heiratet Maria Ginanni Ludovico Toeplitz, mit dem sie in Folge zwei Gemeinschaftswerke veröffentlicht, die jedoch eine gewisse Abkehr von den bisherigen Tendenzen erkennen lassen.
Zitierte Literatur: Minciacchi, Cecilia Bello (Hrsg.): Spirale di dolcezza + Serpe di Fascino. Scrittrici Futuriste Antologia, Neapel 2001, S. 87-128. Nazzaro, Gian Battista: Maria Crisi, in: Ezio Godoli (Hrsg.): Il dizionario del futurismo, Florenz 2002, S. 329-330.
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